Geht auf die Straßen und legt wenn nötig die Arbeit nieder bevor ihr die Wahl nicht mehr selbst habt

Hier das 2. Interview mit einem aktiven Menschen der Plattform 25. Wir freuen uns auf weitere interessante & aufschlussreiche Antworten und rufen die interessierte & kritische Öffentlichkeit zur Solidarität auf.

Was bringt dich dazu dich in der Bewegung gegen das steiermärkische Sparbudget zu engagieren?

Mein sozialpolitisches und gesellschaftliches Gewissen und die Tatsache, dass sich die Politik unlauterer Mittel bedient um einen Sparkurs zu rechtfertigen der unseren „vermeintlichen“ Wohlfahrtsstaat – wissenschaftlich erwiesen – langfristig ruinieren wird.

In welchen Bereich/ welcher Branche arbeitest du? Bist du direkt von den Einsparungen betroffen?

Ich bin im Gesundheitsbereich tätig – mein Klientel wird u.A. aus Töpfen der Behindertenhilfe finanziert, also direkt betroffen auf Grund der Unklarheit der Auswirkungen (dies hat direkte Auswirkung auf Durchführungsverordnungen der Landesgesetze).

Sind durch die Einsparungen Klient_innen/Patient_innen von dir betroffen?

Ja, da durch die Einsparungen nicht klar ist, was KlientInnen benötigen um weiters Anspruch zu haben und somit eine Notlage geschaffen wird.

Wie denkst du, wird dein Arbeitsplatz und dein Lebensraum in 3 Jahren ausschauen, sollten die Einsparungen beibehalten werden?

Wenn die Einsparungen beibehalten werden wird sich die Qualität unserer Arbeit danach richten müssen was wiederum dazu führen wird, dass wir unsere Arbeit bzw. den „Erfolg“ dieser – schwer rechtfertigen können. Das wird zu einer Abwärtsspirale führen die meinen Arbeitsplatz und Berufsstand betrifft – auf meinen Lebensraum hat das die Auswirkung, dass ich diesen lt. Satir: Love, Change, Leave – entweder mit allen Mitteln zu verändern versuche oder gehe. (Was übrigens mehrere Menschen tun sollten, dann wirds vermutlich schwierig für die Regierung die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung zu erfüllen)

Was hat deiner Meinung nach zu der Verschuldung in der Steiermark geführt? Hältst du die Einsparungen in irgendeiner Weise gerechtfertigt? Siehst du Alternativen?

Die Suche nach den Ursachen ist schwierig, da die Verschuldensfrage bis hin in Positionierungen zur Akzeptanz und den Zwang des Kapitalismus zurückreichen bzw. auf den Zeitgeist zurückzuführen sind. Was allerdings außer Frage steht ist, dass ein nicht optimiertes System wie unser Beamtenapperat Geld frisst und weiters  Menschen mit Behinderung nicht mehr kompensieren sollen und können, als jegliche andere von den Sparmaßnahmen betroffenen Gruppen. Einsparungen ja – aber VORHER Systemreformation. Daraus ergeben sich nämlich Einsparungen.

Siehst du Zusammenhänge u./o. Ähnlichkeiten mit den Sozial- & Bildungsabbau in anderen Ländern?

Wie dies bei schon vielen Veränderungsprozessen in anderen Bereichen beobachtet werden konnte, wird auch jetzt der „steirische best-practice-sozial-Sparplan“ als Präzedenzfall genutzt. Wenn der Weg einmal geebnet ist und somit die Notwendigkeit quasi belegt ist, kann man im Windschatten agieren. Konkret: Ich glaube, dass auch andere Bundesländer mitziehen werden, da der Wert von Menschen mit Behinderung neu validiert wurde.

Wann ist aus deiner Sicht der Protest erfolgreich?

Wenn unsere KlientInnen das Recht haben gleichwertige Mitglieder unserer Gesellschaft zu sein.Wenn wir als arbeitende Menschen sagen können was unsere Arbeit kostet und die Notwendigkeit gesehen wird diese zu entlohnen. Wenn Expertisen als solche miteinbezogen werden. Wenn einmal länger als nur bis zur nächsten Legislaturperiode gedacht wird.

Welche Protestformen haben sich deiner Meinung nach bisher als zielführend herausgestellt?

Leider noch keine – was mich persönlich eher zu subversiveren Aktionen verleitet, welche jedoch im legalen Rahmen bleiben müssen. Die Verhandlungen, bei denen noch ein paar Krumen hergegeben wurden – bei welchen sich die SPÖVP zu allem Ekel noch damit gerühmt hat Arbeitsplätze gerettet zu haben, sind meiner Meinung nach nicht zielführend, da nicht auf gleicher Augenhöhe.

Kannst du dir eine Ausweitung des Protests von der Straße hinein in die betroffenen Betriebe (und darüber hinaus) vorstellen? Welche Hindernisse, Lösungen und Vorzüge kannst du dir hierbei vorstellen?

Ja, definitiv. Hindernis würde eine temporäre Nicht-Versorgung unseres Klientels sein. Langfristig wäre dies m.M. nach das einzige Mittel um der Gesamtgesellschaft aufzuzeigen was hier geschehen ist.

Streik wäre eine Option, als auch Konkurs/Schließung flächendeckender Unternehmen (nicht als Folge, sondern als Intervention).

Wäre die Verweigerung der Erhebung statistischer Daten gegenüber dem Land Steiermark mittels eines allgemeinen Dokumentationsboykotts ein gangbarer Weg für dich?

Ja, jedoch sehe ich darin ein Problem, da diese Daten auch der Forschung und somit uns selbst Nutzen und uns diese Verweigerungs-„Peanuts“ m.M. nach auch nicht verhandlungsfähiger machen würde.

Hast du weitere Ideen und Vorschläge um das Budget doch noch zu kippen?

Da man mit Argumenten niemanden überzeugen kann, der keine benötigt damit ihm geglaubt wird – denke ich das Aktionismus angesagt ist um Bewusstsein zu schaffen. Härtefälle transparent und öffentlich machen – Grauslichkeiten medial transportieren – unsere KlientInnen juristisch unterstützen und berufen, berufen, berufen…

Wenn die Wählerschaft nicht vergisst was geschehen ist wird es sich lohnen.

Hast du eine Vermutung wie sich der Konflikt weiterentwickeln könnte? Was hältst du für wahrscheinlich?

Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass der lange Atem den breiten öffentlichen Protest ersticken wird und parallel dazu vergessen wird. Weiters wird von Seiten der Politik versucht werden Splittergruppen in der Protestbewegung zu schaffen, denen man dann ein Zuckerl hinwirft. Die werden es keuchend – fast dankend – annehmen und ihre Energiereserven auf das richten, was noch nicht bedroht ist.

Ich halte es aber auch für sehr wahrscheinlich, dass es eine kleine Zahl von Menschen geben wird, die sich aktiv damit beschäftigen wird Auswirkungen öffentlich zu machen.

Wie wäre es möglich den Protest für längere Zeit lebendig und stark zu halten?

In dem Spenden gesammelt werden um einen organisierten Protest finanzieren zu können.

Was würdest du Betroffenen in ähnlichen Situationen (Einsparungen im Kultur-, Gesundheits-, Bildungs- & Sozialbereich, usw.) in den anderen (Bundes-)Ländern empfehlen?

Geht auf die Straßen und legt wenn nötig die Arbeit nieder bevor ihr die Wahl nicht mehr selbst habt.

Braucht ihr Solidarität und was würdest du als hilfreich betrachten?

Definitiv! Wenn nicht für die Situation in der Stmk. dann zumindest präventiv für die anderen Bundesländer. Kundgebungen, Warnungen vor Windschattenaktionen der Politik, Aufklärung über politische Strategien um Menschen zu brechen…

Hast du zum Abschluss für uns noch eine persönliche Empfehlung zum Thema (links, Bilder, Texte, Videos, Musik, …)?

da müsst ich alles linken 😉

2 Antworten zu “Geht auf die Straßen und legt wenn nötig die Arbeit nieder bevor ihr die Wahl nicht mehr selbst habt

  1. Pingback: Interview mit Anti-Sozialabbauaktivist_innen in Österreich [ « KARAKÖK AUTONOME tr/ch

  2. informativer & interessanter Artikel
    „Große Krise und (noch) kleine Kämpfe in der Steiermark“
    http://www.grundrisse.net/grundrisse38/carworkers_krise_und_kleine%20kaempfe_in_Steiermark.htm

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